10 Leute, 8 Nationen, 3 Kontinente, 1 Team: Diversität lohnt sich

Es ist nicht nötig, eine bestimmte Studie zu zitieren. Fast jede einzelne von ihnen kommt zum Schluss, dass diversifizierte Management- und Führungsteams, die das Umfeld repräsentieren, in dem ihre Unternehmen tätig sind, bessere Entscheidungen treffen als nicht-integrative Teams (die in der Regel aus Männern der Altersgruppe 50+ bestehen). Woran liegt es, dass sich etwas, das offensichtlich scheint, selbst wenn es nicht durch diese Menge an seriöser Forschung untermauert wäre, so langsam verändert?

Ich glaube nicht, dass der Widerstand gegen Diversität am Arbeitsplatz auf einem Mangel an relevanten Qualifikationen beruht – zumindest habe ich das in meinem Berufsleben nicht beobachten können. Selbst in Japans männerdominierter Geschäftswelt habe ich großartige weibliche Führungskräfte erlebt, die es in Top-Management-Teams geschafft haben. Vielleicht liegt es einfach an der Langsamkeit der Gewohnheitsveränderung oder am natürlichen Widerstand gegen Veränderungen und am Bemühen, etablierte Strukturen und Netzwerke nicht auf den Kopf zu stellen?

Nachdem ich jahrelang international Teams aufgebaut habe, die von ihrer Zusammensetzung her divers waren, habe ich einen anderen möglichen Grund gefunden: Diversitätsmanagement ist herausfordernd und schwierig. Seien wir ehrlich, ein wirklich diverses Team zu führen ist kein Spaziergang! Ich könnte ein ganzes Buch über dieses Thema schreiben, so faszinierend ist es, für diese Reflexion werde ich zwei reale Situationen aus meiner eigenen Erfahrung teilen.

  • Zwei kurze Jahre lang war ich Mitglied des Aufsichtsrats eines Unternehmens, das in West- und Ostmitteleuropa tätig war. Ich war einer von sechs Männern in der Altersgruppe 50+, und vier von ihnen stammten aus demselben Land und waren auf dieselbe Universität gegangen. Es waren sehr angenehme Vorstandssitzungen mit einem positiven und unterstützenden Geist – es war einfach, sich auf Ansätze, Lösungen und Entscheidungen zu einigen. Meistens beendeten wir die Sitzungen vorzeitig ohne größere Meinungsverschiedenheiten. Alle Vorstandsmitglieder waren hochprofessionell, reisten häufig zu den verschiedenen Unternehmensstandorten, waren immer am Puls des Geschäfts und legten alle wichtigen Themen auf den Tisch. Und trotzdem konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Zugehörigkeit zum Board of Directors Distanz schaffte und uns Mitglieder auf eine Art Podest stellt. Ich fragte mich immer wieder, wie wir von den Mitarbeitern in den Geschäftseinheiten wahrgenommen werden.
     
  •  Fünf Jahre lang leitete ich eine globale Organisation mit Niederlassungen auf drei Kontinenten und Geschäftspartnern (Kunden) in 26 Ländern. Das Management war ein geschlechterparitätisches Team, das aus 10 Personen mit acht verschiedenen Nationalitäten bestand, die auf drei verschiedenen Kontinenten arbeiteten. Die Online-Meetings begannen für die einen um 6 Uhr morgens, für die anderen um 18 Uhr abends und für diejenigen in der geografischen Mitte zur Mittagszeit. Wir trafen uns darüber hinaus 4-5-mal pro Jahr an einem unserer Geschäftsstandorte für 3-4 Tage. Selbst mit einer Geschäftsstrategie und einem Businessplan, die von allen erstellt, ausgearbeitet und abgesegnet wurden, und obwohl wir einen fantastischen Umgang untereinander pflegten, war jedes einzelne Treffen eine Herausforderung. Mit der bunten Mischung aus europäischer, chinesischer und amerikanischer Geschäftskultur an einem Tisch zusammen mit allen anderen Elementen der Diversität ergaben sich lange und hitzige Diskussionen, häufiges Lachen und gelegentliche emotionale Ausbrüche waren unvermeidlich, und es war ein ständiger Kampf, die Zeit und die Tagesordnung im Griff zu behalten. Oft waren anschließend Abstimmungsgespräche in kleineren Gruppen notwendig, und all das brachte mich als Leiter oft an die Grenzen meiner Moderationsfähigkeiten. Sobald wir jedoch eine gemeinsame Basis erreicht und umsetzbare Entscheidungen getroffen hatten, wussten wir, dass wir uns auf die Einführung und Realisierung rund um den Globus verlassen konnten. Und meine eigenen Gespräche mit Mitarbeitern bei Reisen zu den Firmenstandorten überzeugten mich davon, dass sie sich sicher fühlten, dass ihre Interessen im Entscheidungsprozess vertreten wurden.

Mir geht es nicht um die Frage, welche dieser Alternativen vorzuziehen ist, sondern darum, jeden Manager und jede Führungskraft zu ermutigen, sich der Herausforderung der Diversität zu stellen. Es gibt so viel mehr zu gewinnen als «bessere und relevantere Entscheidungsfindung». Von der Erweiterung des eigenen Horizonts, dem Erleben anderer Kulturen, der Wertschätzung der Demut, des Respekts und des Verständnisses, dass die eigene Wahrheit und die eigenen Lösungen nicht überall die richtigen sein müssen, der Fähigkeit, in der eigenen Rolle oder Geschäftseinheit Kompromisse zum Wohle des Ganzen einzugehen, bis hin zum Entstehen interkultureller Freundschaften. Unsere WeChat-Gruppe ist immer noch aktiv, auch wenn die meisten jetzt in anderen Rollen sind und einige in anderen Unternehmen
arbeiten.