Ein grossartiger Kick-off - die smarte Art eine Strategie einzuführen

Oder von unsinnigen CEO-Strategie-Roadshows

Meine Berufung ist es, Unternehmen in der Rolle als Sparring Partner zukunftsfähig zu machen und echte Nachhaltigkeit, das heisst in allen drei Dimensionen, sicherzustellen. Strategic Foresight ist die Methode, welche statt einer «herkömmlichen» eine «zukunftsfähige» Strategie ermöglicht. Wie diese danach eingeführt und umgesetzt wird, darum geht es in diesem Blog. Ich habe (zu) viele Foresight-Projekte gesehen, welche nur für die Galerie gemacht wurden und kaum zu tatsächlichen Aktivitäten geführt haben. Eine Strategie, die im realen Businessalltag nicht richtig ankommt, ist bestenfalls Stückwerk, wie grossartig und zukunftsfähig sie auf dem Papier auch aussieht. Am Ende des Tages ist nur das matchentscheidend, was auch wirklich getan wird!  

Vor lauter Planung die Leute nicht vergessen

In meiner Beobachtung funktioniert ein Strategieprozess in der Regel etwa so: Nachdem sich das C-Level Management in einem wochen- oder monatelangen Prozess unter Miteinbezug von Beratern und anderen Stakeholdern mit dem Board auf längerfristige Ziele und dazugehörende Strategien geeinigt hat, denkt man bei der Implementierung in erster Linie an die «technische Umsetzung», also die Quantifizierung der Ziele und deren Abstimmung zwischen den verschiedenen Funktionen und Einheiten. Dazu stehen gute und weit verbreitete Methoden wie «Objectives and Key Results» (OKR) oder «Balanced Scorecards» (BSC) zur Verfügung. Was erstaunlicherweise meistens erst am Schluss, quasi als letzte Priorität, in Angriff genommen wird, ist die Information im eigenen Unternehmen und die damit verbundene Frage, wie man die «MitarbeiterInnen an Bord» holt.

Ich kenne zwar keine Studie und kann es nicht belegen, aber meine Wahrnehmung ist die, dass hier sehr oft der CEO und/oder das C-Level Managementteam die verschiedenen Organisationseinheiten in einer sogenannten Roadshow besucht und dabei so viele Mittel-ManagerInnen, TeamleaderInnen und MitarbeiterInnen quasi aus erster Hand ins Bild setzt. Im besten Fall kommt es dabei in irgendeiner Form zu einem Dialog oder zu einer Feedback-Runde, welche aber lediglich dazu dient, ein Gefühl zu bekommen, wie das ganze ankommt und wo allenfalls der Schuh drückt. Um dies in die Strategie einfliessen zu lassen, ist es offensichtlich zu spät. Das Ziel dahinter ist zwar lobenswert, aber wie involviert wird damit das Mittelmanagement und was bringt das aus Sicht der MitarbeiterInnen? Ja, der CEO war da, hat eine (hoffentlich) gute, inspirierende Rede über die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens gehalten, aber was passiert danach? Meine Beobachtung ist, dass die Organisation der Dinge harrt, sich fragt, was das denn genau für mich oder mein Team bedeutet und gespannt darauf wartet, was danach konkretes «von oben» kommt. Das Gros der eigenen Organisation wird dadurch zum «Strategieempfänger», wirklich eingebunden und damit Teil der Strategie ist sie damit (noch) nicht.

Bildlich gesprochen ist das, wie wenn der Helikopter mit grossem Getöse auftaucht, überall Staub aufwirbelt, dann weiterzieht und sich danach der Staub wieder setzt.

Bei solchen Veranstaltungen kommt es mir vor, als würde man vor lauter Planung die Leute vergessen. Die Kraft, die Kompetenzen, das Wissen, die Kreativität und die Ideen der eigenen Leute werden nur im Ansatz genutzt, wirklich ausgeschöpft wird es nicht. Vielleicht ist es ein zu starkes Wort, aber ich halte dies für Unsinn. Das geht besser und mehr und mehr Unternehmen haben das erkannt und beschreiten längst neue Wege.

Die Power eines grossartigen Kick-offs

Auf die «technische Umsetzung», also den gesamten «Plan-to-Perform-Prozess» gehe ich hier nicht ein. Hier gibt es wie gesagt gute Instrumente und, nach meinem Dafürhalten, haben sich hier in den meisten Unternehmungen nützliche Routinen etabliert, welche vom CFO und der Finanzabteilung auch gut orchestriert werden. Ich gehe hier den folgenden drei Fragen nach:

  1. Wie nimmt das Unternehmen das Mittelmanagement, die TeamleaderInnen und die vielen MitarbeiterInnen mit?
  2. Wie aktiviert das Führungsteam das Wissen, Können, die Kreativität und Ideen der Organisation?
  3. Wie stellt die Unternehmensleitung sicher, dass möglichst alle Aktivitäten die Strategie unterstützen?

Auf den ersten Blick sind dies grosse Fragen. Aber ich stelle hier die Behauptung auf, dass es darauf eine einzige fast schon absurd simple Antwort gibt: Mit einem grossartigen Kick-off! 

Ein richtig inszenierter und gut durchdachter Kick-off-Event hat die Kraft, das Mittelmanagement in die Position eines Strategieträgers – statt eines Empfängers – zu hieven und neben dem Top-down viele kleinere und grössere Bottom-up-Prozesse in Gang zu setzen, die die Unternehmensstrategie sinnvoll ergänzen, um die sich das C-Level selbst niemals kümmern könnte. Dazu gibt es motivierten MitarbeiterInnen auf allen Unternehmensebenen buchstäblich eine Bühne, sich zu zeigen und sich positiv in Szene setzen zu können. «Empowerment» pur!

Alle, die mit mir in den letzten 10 Jahren meiner Corporate-Karriere (also allerspätestens seit meiner Zeit in Russland) zu tun hatten, wissen es: Ich bin ein leidenschaftlicher «Kick-off-Freak», und möchte jede Führungskraft dazu ermuntern, sich der Kraft einer solchen Veranstaltung bewusst zu werden und diese zu nutzen. Es ist nicht schwierig, hier meine Kurzanleitung für CEOs:

  • Präsentieren Sie die Strategie ca. 3 Monate vor der Lancierung an die Mittelmanagementteams
  • Geben Sie ihnen den Auftrag, beim Kick-off-Event die Strategie ihrer Funktion zu präsentieren
  • Geben Sie freie Hand, wie sie dies tun, aber verbieten Sie eine PowerPoint Slide Show
  • Bestimmen Sie ein Kick-off Organisationsteam mit einem Koordinator oder einer Koordinatorin (Profil: Viel Drive, gute Ideen, gut vernetzt bei den Teams, nahe bei Ihnen als Verantwortlicher)
  • Legen Sie mit dem Team den «grossen Rahmen» fest (Slogan, roter Faden, Zeit, Ort, Budget …)
  • Geben Sie dem Team die nötigen Ressourcen und gewährleisten Sie Ihre Unterstützung
  • Dann im Austausch bleiben und geniessen, was mit der Organisation geschieht

Was damit in Gang gesetzt wird, nenne ich «Business und Spass in seiner besten Mischung»: Die Teams überlegen, was die Essenz ihrer Strategie ist, wie sie diese auf die Bühne bringen und wer welche Rolle übernimmt. Sie schielen nach links und rechts, schauen was andere tun, das Koordinationsteam kommt mit allerlei Vorschlägen und es geschieht etwas Ungewöhnliches ausserhalb der üblichen Routinen. Unter einem gewissen Zeitdruck, welcher die Kreativität fördert, vermischen sich Business und Spass im besten und positivsten Sinn. In Group Shared Services tauchte da plötzlich ein Mail aus den USA auf, mit Raumfahrtanzügen, die sich das Team dort angeschafft hat und die Teams in Polen und China zu lokaler Nachahmung inspiriert hat, oder als die selbstgebaute und bühnentaugliche Weltraumrakete der polnischen Organisation die Runde gemacht hat, führte das zu entsprechenden Aktivitäten in den USA und China (und Sie wissen ja, wie man in China gute Ideen perfektionieren kann). Grossartig!

Natürlich gibt es bessere und schlechtere Kick-offs, aber mit einer derartigen Inszenierung bildet sich ein Momentum, Nervosität hier, Vorfreude da. In der Regel wird es per se ein Erfolg. Problematisch wird es erst, wenn man es zu häufig macht und es zur «jährlichen Routine» wird oder es am gleichen Ort, mit dem gleichen Schema abläuft, dann verblasst der Zauber allmählich.

Zum Schluss vier Beispiele, die mir in guter Erinnerung sind:

  • Marktstand: Jede Geschäftseinheit bekommt einen Stand und präsentiert sich, während die ganze Organisation 2-3 Stunden lang, wie auf einem Gemüsemarkt, an die verschiedenen Stände geht. Eine gute Möglichkeit, um das unternehmensinterne Netzwerk zu stärken und «Best Practises» zu promoten.
     
  • Mondlandung: Simulation von John F. Kennedys Auftrag an die NASA, zum ersten Mal auf den Mond zu fliegen, startend mit seiner legendären Rede «We chose to go to the moon ...». Immer noch (!) eine gute Metapher, sich auf ein hochgestecktes, gemeinsames Ziel einzuschwören.  
     
  • Drama in 3 Akten: Kurzes Schauspiel des Managementteams auf der Bühne, dass zu den Sternen aufbrechen will, aber die Rakete nicht abfliegen will, weil im ersten Akt etwas fehlt (zum Beispiel «die Continuous Improvement Abteilung»), im zweiten Akt, weil etwas anderes fehlt (zum Beispiel die «MitarbeiterInnen») und der Start dann erst im dritten Anlauf funktioniert.
     
  • Escape Rooms: Hier befreien sich gemischte Teams mit Fragen und Aufgaben zur Strategie von ihrem Raum, dies in Vorbereitung für den späteren eigentlichen Kick-off-Event. Das eignet sich sehr gut, wenn eine Strategie schon in der fortgeschrittenen Implementierungsphase ist, und man dann für den Kick-off selbst einen etwas kleineren, dezenteren Event wünscht (zum Beispiel in kleinerem Rahmen in den eigenen Räumlichkeiten).

Der Fantasie sind wenig Grenzen gesetzt, ausser einem Grundsatz, der im Vordergrund stehen muss:  

Die Mischung aus Business und Spass macht es aus: Trockene business-like PowerPoint Präsentationen sind ebenso wenig zielführend wie Veranstaltungen, bei denen es mehrheitlich um den Spass geht und nicht mehr die Geschäftsstrategie im Vordergrund steht.

Und der CEO, was ist seine Rolle? Er hat, wie viele andere auch, seinen Auftritt auf der Bühne, teilweise allein, teilweise mit seinem Team, je nachdem. In allen anderen Momenten kann er sich auf eine viel bessere, entspanntere Art mit den Mittel-ManagerInnen, TeamleaderInnen und MitarbeiterInnen unterhalten und dabei vielleicht besser und authentischer den Puls spüren.

Lange Rede, kurzer Sinn – hier meine Zusammenfassung

  • CEO/-C-Level Strategie Roadshows sind nicht zielführend, bei genauerer Betrachtung sogar kontraproduktiv, wenn nicht sogar Unsinn. Denken Sie an das «Helikopter-Syndrom».
     
  • Gut durchdachte Kick-off-Events haben viel Kraft und Power. Neben dem Top-down setzen sie viele kleinere und grössere Bottom-up-Prozesse in Gang, die die Unternehmensstrategie sinnvoll ergänzen und ein wunderbares Empowerment-Tool für motivierte MitarbeiterInnen sind.
     
  • Richtig inszenierte Kick-off-Events sind Farbtupfer ausserhalb der üblichen Routinen. Sie fördern die Kreativität und verbinden Business und Spass im besten und positivsten Sinn.
     
  • Die Mischung aus Geschäft und Spass macht es aus. Wichtig ist es, dass es immer in erster Linie um die Unternehmensstrategie geht, und nicht um einen Leisure-Event (wie ein Ski-weekend oder ein Bowling-Abend).
     
  • Denken Sie daran: Nur was im realen Businessalltag ankommt und konkrete Aktivitäten auslöst, bringt das Unternehmen weiter. Ein Strategic Foresight Projekt und eine gute Strategie allein nützen nichts. Zukunftsfähig wird man nur durch Taten, und je mehr Menschen auf allen Ebenen sich ermächtigt fühlen, und das richtige auch tun, desto besser sind sie für die Zukunft gerüstet.

Wie sieht es in Ihrem Unternehmen aus? Welche Erfahrungen haben Sie mit Kick-off-Events? Ich bin gespannt auf Ihre Kommentare. Suchen Sie das Sparring eines «C-Level-Kick-off Anhängers», der damit genauso viel Enthusiasmus wie Erfahrung hat? Dann vernetzen Sie sich mit mir auf LinkedIn, schreiben Sie mir, oder buchen Sie direkt ein unverbindliches Kennenlerngespräch.

PS Lassen Sie sich von der Zukunft leiten – das Beste im Leben kommt noch.